Wie fremdenfeindlich ist Dänemark?

Die Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Wenn man einen Dänen danach befragt schaut er erst einmal erschrocken, nein Dänen seien keine Nazis. Dänen seien allenfalls sehr kritisch gegenüber Ausländern. Oftmals hört man auch Dänemark sei halt ein kleines Land und auf sich selbst angewiesen. Wirtschaftlich betrachtet braucht Dänemark das Ausland für Importe und natürlich Exporte, zumal in wirtschaftlichen Krisen, wie im Augenblick, der private Konsum in Dänemark nicht rund läuft.

Gesellschaftlich betrachtet sieht die Sache relativ aus. Viele Dänen fürchten zur Zeit selbst um ihren Arbeitsplatz. Ausländer, auch EU-Ausländer, sorgen für erhebliche Druck beim Lohngefüge. Viele Ausländer arbeiten zu Preisen die für einen Dänen inakzeptabel sind, zu Bedingungen die Dänen nur unter großem Druck annehmen würden. Zudem hat der Däne gelernt, der Samfund läuft Gefahr überfremdet zu werden. Fernsehsender wie TV2, im Vorstand hat Dansk Folkeparti Sitze,  wiederholen das so lange, bis auch ein weltoffener und liberaler Däne langsam ins Zweifeln gerät. Auch einige Tageszeitungen wie zum Beispiel die angeblich so seriöse Jyllands Posten, hauen gerne auflagenwirksam auf dem Niveau der Bild-Zeitung  in die Kerbe.

Es gab da mal ein kleines Land

Schon Anfang 2000 erklärte der damalige sozialdemokratischer Ministerpräsident Poul Nyrup Rasmussen, dass die Nachzugsregelungen für Familienangehörige von in Dänemark lebenden Ausländern verschärft werden sollten. Aufgrund einer Gesetzesnovelle sollten nur noch langjährige dänische Staatsbürger Lebenspartner oder Angehörige ins Land holen dürfen. Nach altem dänischem Recht war ein Familiennachzug nach drei Jahren möglich.

Die Abwende vom Land der Menschenfreundlichkeit und des liberalen Grundgedankens läutete endgültig die Folketingswahl 2001 in Form eines Wahlversprechens ein. Die konservativ-rechtsliberale Koalitionsregierung unter Fogh Rasmussen verabschiedete mit den Stimmen der Dansk Folkeparti am 31. Mai 2002 eine Änderung in den Einwanderungsgesetzen die am 01. Juli 2002 in Kraft trat und zu den schärfsten Einwanderungsgesetzen in Europa gehören. Durch diese Reform war sich Fogh Rasmussen der Unterstützung der rechtspopulistischen Dansk Folkeparti als Mehrheitsbeschafferin für andere Regierungsprojekte über gut zehn Jahre sicher.

Offensichtlich hatte die Dansk Folkeparti damit die Stimmung unter den Dänen richtig getroffen. Bei der Folketingswahl 1998 erreichte Sie erstmals 7,4 Prozent mit ihrem Parteiprogramm, dass aus einer Mischung aus EU-kritischer Haltung, Ausländerfeindlichkeit und sehr bürgerlich-konservativen Ansichten bestand.  Selbst bezeichnet sich die Dansk Folkeparti als eine Partei des Zentrums.

Die Folketingswahl 2001 bescherte der Dansk Folkeparti dann 12 Prozent und 22 Sitze im Parlament, wodurch sie zur drittstärksten Partei und Mehrheitsbeschafferin  für Fogh Rasmussen wurde.

2007 wurde mit einem offen als diskriminierend  bezeichneten Parteiprogramm bei der Wahl zum Folketing mit 13,9 Prozent das beste dänische Wahlergebnis eingefahren.

Die Europawahl 2009 führte sogar zu 15,1 Prozent.

Erst die Folketingswahl 2011 setzte dem Spuk mit 12,3 Prozent ein Ende. Mitten in der Wirtschaftskrise war den Dänen wohl aufgefallen, dass die deutschen Touristen lieber ohne Grenzkontrollen in das nach außen hin marketingtechnisch so liberale und menschenfreundliche Dänemark reisen wollten. Viele Urlauber stornierten aus Protest über die EU-Feindlichkeit der nördlichen Nachbarn ihre überteuerten Ferienhäuser und fuhren lieber nach Mecklenburg-Vorpommern.

2013 findet sich die Dansk Folkeparti auf den Plätzen der Opposition wieder. Die Haltung vieler Dänen hat sich allerdings nicht verändert. Die gesellschaftliche Akzeptanz von mehr oder weniger offener Fremdenfeindlichkeit ist eher gestiegen. Zu groß ist die Gefahr des Arbeitsplatzverlustes und damit der Verlust von materiellen Werten und des sozialen Ansehens für die egoistischen Dänen.

In den Jahren vor der letzten Wahl wurde in den Medien unter dem Motto „SKAT rykker ud“ offen zu einer Hetzjagd auf die lohnbrechenden, sozialschmarotzenden und steuerbetrügenden Ausländer aufgerufen. Mal kreuzten die Skat-Mitarbeiter vor laufenden TV2 Kameras auf privaten Firmenparkplätzen auf der Suche nach ausländischen Kennzeichen herum, um dann in den Personalabteilungen der Firmen unangenehme Fragen zu stellen, mal wurden in Großstädten ganze Straßenzüge abgesperrt um gezielt Ausländer zu überprüfen. Die Bilder von Grenzkontrollen, die selbst bei der Ausreise erfolgten, flimmerten abendlich in die dänischen hyggeligen Wohnzimmer.

All das und die fremdenfeindliche Berichterstattung von Jyllands Posten führten in dem Jahr vor der Wahl zu einer angespannten Stimmung im Staate Dänemark. Ausländer fühlten sich diskriminiert und mussten Angst haben, auf Basis der 2007 noch einmal verschärften Ausländergesetze, kriminalisiert zu werden. Dänen sahen in Ausländern oft nur Kriminelle, die jederzeit und überall in Wohnungen und Wochenendhäuser einbrechen und alles mitgehen lassen was nicht niet- und nagelfest war, was ihnen der morgendliche Blick in die Zeitung zu bestätigen schien.

Hinzu kam der Umstand, dass Dänen in den Jahren des wirtschaftlichen Aufschwunges, ab etwa 2002, keine Bereitschaft mehr hatten, niedrige Arbeiten zu schlechten Konditionen zu übernehmen. Oder an Orten zu arbeiten, die für Dänen undenkbar wären,  beispielsweise an der Westküste. Stattdessen setzten die dänischen Arbeitgeber auf billige Ausländer. Für einen Dänen war es unzumutbar beim Discounter an der Kasse zu sitzen, Feldarbeiten auszuführen oder schwere Arbeiten zu erledigen. Nein dafür gab es ja Ausländer.

Was sagte vor einiger Zeit ein Däne in der Klasse meiner Frau, als es darum ging, schwere Baumschulkisten übereinander zu stapeln und ihm die Arbeit zu schwer wurde: Dann holen wir uns eben einen billigen Polaken!

Dänemark 2013

War bis vor ungefähr drei Jahren die Fremdenfeindlichkeit vor allem auf offensichtliche Ausländer und Asylanten beschränkt, gilt sie heute auch EU Bürgern gegenüber. Man stellt beispielsweise lieber einen schlecht oder gar nicht ausgebildeten Dänen ein, der vor allem egoistisch auf seinen Vorteil schaut, als einen besser ausgebildeten Ausländer. Nur wenn Arbeitgeber wirklich keinen Dänen finden können der adäquat ist, tendiert man zum Ausländer. Oder besetzt die Stelle halt nicht. Für viele gut ausgebildete Ausländer bedeutet dies den Abstieg in prekäre Arbeitsverhältnisse.

Wir selbst haben Hass auf Ausländer nicht erlebt. Nennen wir es Neutralität und große Distanz gepaart mit großem Egoismus. Spricht man einen Dänen auf Dänisch an, reagiert er neutral bis distanziert. Mehr nicht. Man selektiert allenfalls danach, ob das Gegenüber einem nützlich sein könnte, sprich etwas hat, was der Däne brauchen könnte. Kommt der Däne zum Schluss das Gegenüber hat nichts, ist die Sache für ihn erledigt und er neigt eher zu Unfreundlichkeit als im umgekehrten Fall. Ansonsten bleiben Dänen unter sich. Was sagte vor einiger Zeit ein Däne: Wir haben unsere Freunde und Familien. Ausländer brauchen wir nicht!

Vor mehreren Monaten las ich einen Artikel im Spiegel über ausländische Studenten in Kopenhagen. Fazit war, dass Ausländer und Dänen jeweils unter sich bleiben.  Ich hab vor einiger Zeit in einem dänischen Unternehmen gearbeitet, dass im großen Stil Waren aus Fernost importiert und den Billigschrott teuer weiterverkauft. Von gut zehn Mitarbeitern waren  und blieben sechs äußerst distanziert. Vier waren wohl neugierig und ließen sich vereinzelt auf Gespräche ein. Wohl auch weil sie merkten, dass man durchaus des dänischen mächtig war. Für den Rest blieb man nur der Drecksdeutsche, auf dänisch lorttyske.

Als ich die Vier fragte, woher die Distanz und Reservierung käme, antworteten eigentlich alle damit, man habe Angst davor, seinen Arbeitsplatz an Ausländer zu verlieren. Und eigentlich auch kein Verständnis, warum ein Däne nicht den Job machen würde. Meine Antwort war, weil Ausländer billiger als Dänen sind und die Arbeit machen, zu den Dänen keine Lust haben.  Die Reaktion der Dänen war nur schweigen.

Unterstrichen wird die dänische Distanz durch die in den letzten Jahren erfolgten Veränderungen im Ausländerrecht. Viele Gesetze und Verordnungen haben nur den Zweck, den Zuzug von Ausländern zu erschweren oder sogar zu verhindern. Liberalere Dänen sind oft erschrocken, wenn sie mit ihren eigenen Gesetzen konfrontiert werden und helfen wollten. Zwar hat die mitte-links Regierung 2012 das Einwanderungsrecht etwas gelockert, jedoch ist es für Ausländer nach wie vor schwer Fuß zu fassen. Wer keinen festen Arbeitsvertrag hat, hat es sehr schwer!

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4 Antworten zu Wie fremdenfeindlich ist Dänemark?

  1. dete schreibt:

    Dänemark 2013,
    dieser Beitrag entspricht zu 100% der Realität!

    Ich selbst, Deutscher EU-Bürger lebe und Arbeite seit 9 Jahren in Dänemark, zugezogen aus Flensburg, direkt an der dänischen Grenze.
    Vor etwa 15 Jahren brauchten die Dänischen Unternehmen möglichst hoch Qualifizierte und gut Ausgebildete Arbeitskräfte in fast allen Branchen der Industrie und dem Handwerk – auch und vor allem wegen der „schlechten“ Qualifikationen der eigenen Arbeitskräfte.
    Bevorzugt wurden hier auch „Deutsche“, gut Ausgebildete Arbeitskräfte, d.h. in meinem Fall, ein Anruf und ich war in Arbeit, konnte mir aussuchen, welchen Job ich wollte.

    Als Folge der sogenannten Finanzkrise wurden hier in Dänemark massenhaft Betriebe geschlossen, viele dänische Banken arbeiteten seinerzeit sehr eng mit Amerikanischen Banken zusammen und wurden auch deshalb „hart gerammt“. Darüber spricht man aber nicht.

    Zwischen den Jahren 2006 bis heute, gibt es eine für dänische Verhältnisse ziemlich hohe Arbeitslosigkeit der eigenen Landsleute und auch diese Tatsache trägt natürlich hier zu den Beschriebenen Verhältnissen bei.

    Für meine Persönliche Sicht der dinge:
    – Eindeutige Verschärfung der Fremdenfeindlichkeit, vor allem auch im öffenlichem Sektor
    – Erschwerter zugang zum Arbeitsmarkt

    Dänemark sollte nicht vergessen, dass JEDER EU-Bürger, der hier arbeitet, auch relativ hohe Steuern und Beiträge seines Einkommens, 38/40%, dem dänischen Staat zubringt, egal ob als Grenzpendler oder mit Wohnsitz in Dänemark.
    Allein bei etwa 35.000 Grenzpendlern täglich (2007), wohl ein nicht Unerhebliches zusätzliches Steuereinkommen für Dänemark.
    Hinzu kommt ja auch noch die erbrachte Arbeitsleistung all dieser Arbeitskräfte, die dem dänischen Staat auch zugute kommt.

    Dänemark sollte auch nicht vergessen, dass in den 70`er Jahren, bis ende der 80`Jahre tausende Dänen nach Deutschland oder in andere EU Länder kamen, um dort Arbeit zu finden!

    Und Abschließend:
    Dänemark sollte nicht Vergessen, dass wir ein Europa sind, die Spielregeln dafür müssen akzeptiert werden, vor allem auch dann, wenn Dänemark durch diesen Verbund (EU), reichlich profitiert, wie wohl Unumstritten ist, nur teilen fällt schwer.
    Dänemark sollte beginnen, das wikliche „übel“ an der Wurzel zu packen und bei sich selbst schauen, denn nicht die „Fremdarbeiter“ oder die EU sind schuld an die jetzigen Verhältnisse!

    • uellemann schreibt:

      Danke für Deinen guten Beitrag. Zum Thema Banken hat ein freundlicher Mitmensch bei Youtube einen Doku Dreiteiler des DR eingestellt. Sikke en fest (https://www.youtube.com/watch?v=W5U8V7-xi_M) der vielen Dänen gar nicht geschmeckt hat. Er skizziert den beinahe Crash der Dansk Bank. Obwohl ich mich frage,ob die Dänen aus der Krise überhaupt etwas gelernt haben.

      Bezüglich der dänischen Fremdenfeindlichkeit sah sich Mitte Mai 2014, nach diversen ausländerfeindlichen Hasstiraden, der polnische Botschafter in Dänemark, Rafal Wisniewski, genötigt, offiziell die Dänen zu mehr Freundlichkeit gegenüber Polen aufzufordern. Anderenfalls müsste Polen über einen Handelsboykott dänischer Waren nachdenken. Und selbst Dansk Industri hatte versucht die Debatte um schmarotzende Ausländer zu besänftigen, indem man darauf hinwies, dass man ohne ausländische Arbeitskräfte in Dänemark große Probleme habe. Und dann war da noch die Studie des dänischen Arbeitgeberverbandes Dansk Arbejdsgiverforening (DA), die belegte, dass jeder Ausländer im Durchschnitt ein Plus von 16.000 Kronen an Steuern der Staatskasse bringt. Beim Dänen muss der Staat hingegen 6.000 Kronen pro Jahr zuschießen.
      Sl

  2. Prof.Altan Günes schreibt:

    Ich vermeide Dänemark und die Leute und die Produkte.Auf so ein kleines Land kann ich gerne verzichten.

    Arrogantes Volk,das glaubt grösste zu sein-..Natürlich schade für die guten Dänen.Aber wie sagt man so schön,auf einem Feuerhaufen brennen auch die grünen Äste mit.

  3. Regina schreibt:

    ich bin wirklich geschockt über die Aussagen, die ich über Dänemark lesen muss!
    Zurzeit spiele ich auch mit dem Gedanken nach Dänemark auszuwandern, weil ich den Eindruck habe, in Deutschland nicht mehr weiter zu kommen. Dazu bin ich eine Frau und gebürtige Afrikanerin, zwar mit einem deutschen Personalausweis, weil ich seit 42 Jahren hier lebe.
    Ich war mehrfach im Urlaub in Dänemark und mein Sohn hatte 1997 dort einen sehr schweren LKW-Unfall, jedoch war es ein krasser Unterschied wie die Dänen mit meinem damaligen 5jährigen Sohn umgingen. Das Krankenhaus war vorbildlich liebevoll, einfühlsam und medizinisch hochqualifiziert. Aber wegen der Umstände wurde er nach Deutschland transportiert und dort stießen wir auf sehr wenig Empathie und Verständnis für die Situation meines Sohnes.
    Auch durch die Urlaubserfahrungen war ich sehr begeistert von dem Land und habe wahrscheinlich dadurch eine verklärte Sichtweise von Dänemark.
    Jedoch wenn ich die vorherigen Beiträge lese, erinnere ich mich daran zurück, wie schwierig es war, von der dänischen Versicherung Schmerzensgeld für diesen folgeträchtigen Unfall eines Kindes zu bekommen, und dass der dänische Anwalt, der vor Ort die Korrespondenz übernahm, sich einen Löwenanteil des ohnehin geringen Schmerzensgeld als Honorar einverleibte, sodass unser hiesiger Anwalt sein Honorar derartig herunterschraubte, damit dem Kind überhaupt etwas erhalten blieb.
    Kann es sein, dass die Kinderliebe offensichtlich dann aufhört, wenn es um das liebe Geld geht?
    Den Eindruck habe ich inzwischen durch die Beiträge.

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