11,59 Euro – Dänische Wohnimpressionen Teil III

Ich schreibe ja gerne über den dänischen Immobilienmarkt. Diesmal geht es um den Vermieter Gråsten Andelsboligforening. Ein kommunales, soziales Wohnungsbauunternehmen würde man in Deutschland sagen. In Dänemark nennt sich die ehrwürdige Zockertruppe almen boligorganisation und gibt sich den Anschein, für die nicht so solventen Dänen ein günstiges Dach über dem Kopf in Form einer Wohnung oder eines Hauses zur Verfügung zu stellen. Gut eine halbe Million dieser Mieteinheiten gibt es in Dänemark. Verteilt an Jugendliche, Familien und Ältere. Bei jeder vierten Wohnung hat eine Kommune ein Belegungsrecht, weil staatliche Förderungen für den Bau zum Einsatz kamen. Doch die Wohnungsunternehmen sind nicht unbedingt selbst die Eigentümer der Häuser, sie sind nur die Verwalter der einzelnen Abteilungen, denen die Immobilien gehören. Diese Abteilungen haben jeweils einen bestyrelse, so etwas wie eine gewählte oberste Leiterebene und sind wirtschaftlich selbständig. Wer jedoch hinter diesen Abteilungen als Eigentümer steht, ist schwer ersichtlich.

An sich ist der soziale Wohnungsbau eine gute Sache. Viele haben in Dänemark nicht mal das Geld für die Mietsicherheit, die der Staat auf Antrag den Armen gewährt. Dazu gibt es auf Antrag boligstøtte, auf Deutsch würde man Wohngeld sagen. Alles soll schön transparent und demokratisch sein. Das geht sogar so weit, dass man sich auf der Webseite der Landesorganisation die Gehaltsstruktur der Mitarbeiter nach Betriebszugehörigkeit anschauen kann. Die Lohnstatistik am Beispiel eines Inspektøres beträgt im Durchschnitt brutto 46.000 Kronen monatlich. Administrative Mitarbeiter fangen bei 34.733 Kronen an. Damit kann man schon entspannt auf Kosten anderer leben.

Soweit so gut. Eine Bekannte meiner Frau hat bei den Gravensteinern ein kleines Reihenhaus angemietet. Baujahr 2001 mit 75 dänischen Quadratmetern. Ich schreibe bewusst dänische Quadratmeter, da Dänen bei der Wohnflächenberechnung sich auf die Grundfläche eines Gebäudes beziehen, also auf jene Fläche mit der es den Boden berührt. Dies umfasst auch die äußeren und inneren Wände mit, da so der Däne, man sie zum Wohnen ja braucht. Interessante Logik. Die deutsche Wohnflächenverordnung nimmt als Maßstab die Grundfläche der bewohnten Räume ohne Wände. Und das ist ein Unterschied. In diesem Fall sind es 60,19 Quadratmeter reine Wohnfläche.

Der Quadratmeter kostet nach der dänischen Methode kalt 9,30 Euro , nach der deutschen Berechnung 11,59 Euro! Und das in der strukturschwachen süddänischen Region um Sonderburg. In der Region um München ist man mittlerweile auch in diesen Miethöhen angekommen. Aber das ist München und nicht Süddänemark, wo kein Däne freiwillig hin will.

2013 wurde in eine neue Küche investiert. Eingebaut hat sie Vordingborg Køkken, ein dänischer Küchenvertrieb. In der Küche, die monatlich extra zur Miete mit rund 60 Euro zu Buche schlägt und bis 2024 vom Mieter gezahlt werden muss, gibt es zwar Hochglanzschränke, aber eine Spülmaschine fehlt. Der Kühlschrank von Elektrolux ist auch schon gut 10 Jahre alt. Wenn man also mal hochrechnet, was die Küche gekostet hat, sind wir bei etwa 7900 Euro. Für eine Küche von Pino aus Deutschland, die zum Alno Konzern gehören und in Belgien die Küchen in Baumärkten vertickern und bei Wiki als Preiseinstiegssegment bezeichnet werden. Eine vergleichbare Küche habe ich inklusive Spülmaschine und neuem Kühlschrank in Deutschland für gut 3500 Euro gefunden. Wie war das doch mit Dänen und dem Betrug?

Hinzukommt, dass das nachbarliche Umfeld mehr als nur unfreundlich ist. Man sagt sich nicht einmal mehr Guten Tag, von Nachbarschaftshilfe ist man Galaxien entfernt. Nun könnte man fragen, wohnt die gute Dame in einem Ghetto? Mit Nichten, es sind lediglich 20 Reihenhäuser, die an ein Neubaugebiet grenzen. Ich habe die Vermutung, dass die Bewohner des Neubaugebietes die Nachbarn aus den almen bolig lediglich arrogant als Unterschicht betrachten….

Unsere Bekannte schreibt gerade die Kündigung. Sie hat keine Lust in Isolation zu Wucherpreisen zu wohnen. Und vielleicht hängt sie Dänemark auch an den Nagel. Sie schuftet 160 Stunden im Monat und bekommt einen prekären Stundenlohn von 81,00 Kronen. Das reicht vorn und hinten nicht. Günstigen Wohnraum in Süddänemark zu finden, wo man nicht ausgenommen und betrogen wird, ist schwer zu finden. Aber sie hat ja noch das almen bolig beboerbladet. Da kann sie nachlesen, dass almen wohnen doch so schön ist und lauter glückliche Dänen betrachten. Die vor lauter Glücklichkeit ihr Haus verkaufen mussten und nun in Frederikshavn almen wohnen, mit schicker Dachterrasse, super Ausblick und genügend Wein um das Desaster zu ertragen.

Dieser Beitrag wurde unter Dänemark, Wohnen abgelegt und mit , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Hinterlasse einen Kommentar